Ein Richtrohr-Mikrofon ist technisch aufgebaut wie ein Kondensatormikrofon mit dem einzigen großen Unterschied, dass durch die besondere Bauweise eine ausgeprägte Richtwirkung erzielt wird. Die Hypernieren-/ Keulencharakteristik des Mikrofons ergibt exzellente Richteigenschaften bei hoher Empfindlichkeit. Vielen Kameraleuten dürfte diese Mikrofongattung bestimmt schon ein Begriff sein. Um Sprache oder Geräusche aus weiterer Entfernung aufzunehmen, sind diese Mikrofone aufgrund ihrer Richtwirkung für solche Aufnahmesituationen optimal geeignet.
Die ausgeprägte Richtwirkung reduziert den seitlichen und von hinten eintreffenden Schall, welche speziell beim Einsatz an Rednerpulten, Reporteraufnahmen oder bei Theaterbeschallungen sehr vorteilhaft ist. Das Richtrohr ist durch seine Wirkungsweise besonders auch bei Pressekonferenzen sehr beliebt. So kann man ein Gespräch tontechnisch von weiterer Entfernung gut aufnehmen, ohne dass zusätzliche Schallquellen zu laut auf der Aufnahme hervortreten, da sie durch die Richtwirkung weitestgehend unterdrückt werden.
Die Kamera kann bequem auf den Interviewpartner von etwas weiter weg hinzoomen und auch das Mikrofon muss also nicht unmittelbar vor dem Gesprächspartner stehen. Oft bietet sich nicht die Situation, gerade für Reporter, direkt vor dem Gesprächspartner zu stehen. Mit dieser Mikrofontechnik lässt sich auch diese Situation bequem meistern.
Aber auch für Tieraufnahmen haben sich diese Richtrohr-Mikrofone schon oft bewährt. Gerade im Wildpark bekommt man so die Geräuschkulisse gut in den Griff, wer möchte schon direkt mit einem dynamischen Mikrofon und der Tonangel vor einer Giraffe stehen.
Wichtig ist auch hier wieder darauf zu achten, dass man bei Wind unbedingt einen Windschutz für das Mikrofon verwendet, um keine Windstörgeräusche aufzunehmen. In den meisten Richtrohr-Mikrofonen wird auf die bewährte Technik der Kondensatormikrofone zurückgegriffen.
Aber auch Elektretkapseln werden bei manchen Modellen verwendet, die jedoch aufgrund der schlechteren Klangqualität nicht unbedingt zu empfehlen sind. Für Außenaufnahmen ist eine entsprechende stoßabsorbierende Mikrofonaufhängung empfehlenswert. Wenn Richtrohr-Mikrofone auf Tonangeln montiert werden, so ist es leider unvermeidbar, dass sich gewisse Störgeräusche durch die Handbewegungen bemerkbar machen. Damit dies nicht zu laut auf die Aufnahme kommt, haben sich spezielle Mikrofonaufhängungen sehr gut bewährt, da sie dies weitestgehend absorbieren und so nicht mechanisch auf das Mikrofon übertragen. Wenn dazu auch noch ein starker Wind geht, muss man gleichzeitig auch noch den Windschutz verwenden.
Also alles zusammen ein doch relativ kostenintensives Unterfangen, aber im professionellen Bereich unabdingbar. Sehr gut muss man bei diesen Mikrofonen darauf achten, dass sie genau ausgerichtet, also stets richtig auf das aufzunehmende Geschehen positioniert sind.
Durch den geringen Aufnahmewinkel sollte man hier genau arbeiten, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Sie alle kennen die typischen Sets bei Filmaufnahmen, hier werden meist solche Richtrohr-Mikrofone verwendet, um die Schauspieler tontechnisch entsprechend aufzunehmen.
Meist ist ein eigener Tonassistent dafür zuständig, dass das Mikrofon mit der Tonangel immer richtig positioniert wird und dem Filmablauf mitfolgt. Sie haben bestimmt schon Filmszenen gesehen, wo ein Mikrofon kurz sichtbar ins Fernsehbild rückt?! Das sind üblicherweise genau diese Richtrohr-Mikrofone auf der Tonangel mit einer speziellen Aufhängung umgeben von einem Windschutzkorb mit einem Fellüberzug.
Aber gerade von den Profis kann man lernen, welche Technik eingesetzt wird, um tontechnisch nicht daneben zu liegen. Manche Mikrofone für den Gebrauch von Videokameras haben oft auch noch einen zusätzlichen Schalter, um von Normal auf Tele zu schalten. Durch das Umschalten wird die Richtcharakteristik noch mehr in Richtung Keulencharakteristik ausgerichtet. Oft werden solche Mikrofone auch Zoom-Mikrofone genannt. Der Vorteil dabei ist, dass man je nach Aufnahmesituation unterschiedliche Richtcharakteristiken erhält und noch flexibler ist.
Aber es sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass dennoch bei speziellen Mikrofon-Aufnahmesituationen der Gesamtklang auf der Strecke bleiben kann. Man läuft schnell Gefahr, dass man unter Umständen auch mal zu starke Nebengeräusche erhält und unwillkürlich den Raumklang zu stark mit einfängt.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt dies deutlich auf: Eine kleine Filmszene in einer Tiefgarage unter Verwendung eines Richtrohr-Mikrofons von etwas weiterer Entfernung (Bild ist dabei auf Weitwinkel gestellt – deshalb muss auch das Mikrofon weiter weg, damit es nicht ins Bild kommt).
Man wird hier unweigerlich den besonderen Klangcharakter einer Tiefgarage erhalten, darunter kann die Sprachverständlichkeit des Schauspielers stark leiden. Der eigenwillige Hall der Tiefgarage ist mehr oder weniger ebenso auf der Tonaufnahme verewigt und kann auch nachträglich natürlich nicht mehr weggefiltert werden. Wenn also die Szene mit dem Schauspieler perfekt abgedreht ist, aber man nachher feststellt, der Ton passt nicht und der Schauspieler ist nur schwer zu verstehen – so fangen die Probleme an.
Hier nützt unter Umständen der ganze Aufwand mit Tonangel und perfekt ausgerichtetem Richtrohr-Mikrofon nichts. Besser würde man diese Aufnahmesituation in den Griff bekommen, wenn man ein (verstecktes) Funk-Mikrofon verwenden würde, welches der Schauspieler am Revers seines Anzugs (natürlich unsichtbar für die Kamera) tragen würde.
Sollte der Hall-Effekt für den speziellen Klang einer Tiefgarage letztendlich zu leise sein, so könnte man bei der Nachbearbeitung auch noch etwas Hall dazugeben. Man hätte alle Möglichkeiten bis zum Ende offen und bleibt dennoch sehr flexibel. Eine verpatzte Tonaufnahme mit dem Richtrohr-Mikrofon könnte man auch dadurch retten, indem man diese Filmszene im Studio dann nachsynchronisiert. Dabei entstehen weitere Kosten und doch ein etwas erheblicher Zeitaufwand.